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Gehirnmodell

Die neuronalen Grundlagen der mentalen Flexibilität

Wie Lebewesen Kategorien lernen und ihr Wissen flexibel anwenden können, erforscht Prof. Dr. Caspar Schwiedrzik in diesem ERC Grant.

Menschen und Tiere müssen sich immer wieder an neue Situationen anpassen – ein Leben ohne Flexibilität wäre kaum vorstellbar. Wie diese Fähigkeit im Gehirn entsteht, untersucht Prof. Dr. Caspar Schwiedrzik in seinem ERC Consolidator Grant „Flexible Dimensionality of Representational Spaces in Category Learning“, kurz DimLearn.

Im Zentrum des Projekts steht das sogenannte kategorische Lernen, bei dem Lebewesen lernen, unterschiedliche Reize in Kategorien zusammenzufassen. Wichtig dafür: der präfrontale Kortex, von dem gemeinhin angenommen wird, dass er der Sitz höherer kognitiver Funktionen ist. Neuere Daten weisen jedoch darauf hin, dass auch andere Teile des Gehirns am kategorischen Lernen beteiligt sein könnten. Diesen Hinweisen geht das Team von Caspar Schwiedrzik nach. Schwiedrzik interessiert sich dabei für die Frage, wie flexibel unsere Gedanken und unsere Wahrnehmung sind und was die neuronale Grundlage für eine solche Flexibilität ist.

Der Psychologe forscht mit Menschen, Versuchstieren und Computermodellen. Alle drei lernen zunächst eine visuelle Aufgabe. „Das ist so, wie wenn Radiolog*innen auf dem Röntgenbild einer Person zunächst gutartige von bösartigen Tumoren unterscheiden müssen“, vergleicht Schwiedrzik. Im Anschluss wird eine neue Aufgabe auf der Basis derselben visuellen Informationen gelernt. „Für Radiolog*innen hieße das zum Beispiel, nun anstatt von Tumoren Verkalkungen begutachten müssen“, so der Forscher.

Besonders an diesem Projekt ist auch die Kombination von Studien an Menschen und Versuchstieren sowie die Überführung der Daten in Computermodelle. Am Menschen wird mithilfe von Magnetresonanztomografie untersucht, welche Hirnareale an verschiedenen Lernaufgaben beteiligt sind und wie flexibel sich die Gehirnaktivität im Laufe des Lernens und bei neuen Aufgaben verändert. Detaillierte Untersuchungen zur Aktivität einzelner Nervenzellen sind im Menschen jedoch nicht möglich. Hier kommen die Versuchstiere zum Zug. Die Tiere lernen die gleichen Aufgaben wie die menschlichen Probandinnen und Probanden, hier wird jedoch zusätzlich mit Mikroelektroden die Aktivitäten einzelner Nervenzellen gemessen. „Das ist notwendig, um nicht nur herauszufinden, wo im Gehirn Lernprozesse stattfinden, sondern auch um zu verstehen, welche neuronalen Bausteine ineinandergreifen müssen, um diese Lernprozesse zu ermöglichen“, sagt Caspar Schwiedrzik. Computermodelle dienen dann dazu, die experimentellen Daten mit verschiedenen Lerntheorien in Verbindung zu bringen und neue Daten zu simulieren. So kann eine Vielzahl von Experimenten auf dem Computer anstatt im Labor durchgeführt werden.

Das Projekt DimLearn startet im Frühjahr 2025 und wird mit rund 2 Millionen Euro gefördert. Es findet in Kooperation mit dem Deutschen Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung statt.

Prof. Dr. Caspar Schwiedrzik

Prof. Dr. Caspar Schwiedrzik hat an der Ruhr-Universität Bochum die Professur für Kognitive Neurobiologie inne und ist Mitglied des Research Centers One Health Ruhr der Universitätsallianz Ruhr.

Preisträger

Bildliche beispielhafte Darstellung eines Doktorhuts
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