Das Exzellenzcluster RESOLV (Ruhr Explores Solvation) hat mit dem Fokus auf das Lösungsmittel eine neue Forschungsdisziplin in der Chemie begründet. Der Verbund, der an der Ruhr-Universität Bochum und der Technischen Universität Dortmund beheimatet ist, geht 2026 in seine dritte Förderphase und besteht bereits seit 2012. Das Bochumer-Dortmunder Team wird dabei seine erfolgreiche disziplinübergreifende Zusammenarbeit mit Forschenden der Universität Duisburg-Essen und der drei Max-Planck-Institute für Kohlenforschung, Chemische Energiekonversion und Nachhaltige Materialien fortsetzen.
Obwohl biologische und chemische Reaktionen in der Regel in Lösungsmitteln stattfinden, wurde das Lösungsmittel lange Zeit nur als Zaungast in diesem Prozess betrachtet. Das RESOLV-Team konnte jedoch zeigen, dass die Rolle des Lösungsmittels bisher unterschätzt wurde und es aktiv an chemischen Reaktionen teilnimmt. Das Ziel der kommenden siebenjährigen Förderphase ist es nun, solche Lösungsmittel-gesteuerten Prozesse noch besser zu verstehen und gezielt zu kontrollieren.
„Wir werden uns neuen Herausforderungen stellen: Zum Beispiel wollen wir unter dem Stichwort ‚Quantum Solvation‘ Quanteneffekte bei Reaktionen experimentell und theoretisch untersuchen und dabei das Lösungsmittel einbeziehen. Das wäre ein Meilenstein in der chemischen Grundlagenforschung“, sagt Prof. Dr. Martina Havenith, Sprecherin des Exzellenzclusters RESOLV.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden die Rolle des Lösungsmittels bei Reaktionen auf molekularer Ebene sichtbar machen, um Lösungsmittel gezielt für chemische Prozesse maßschneidern zu können, sodass diese die chemischen Reaktionen optimal unterstützen. „Die Forschung soll helfen, drängende gesellschaftliche Herausforderungen zu meistern, etwa Strom aus nachhaltigen Energiequellen direkt zur Synthese von Chemikalien zu nutzen und fossile Kohlenstoffquellen durch nachhaltige Kohlenstoffquellen zu ersetzen“, sagt RESOLV-Co-Sprecherin Prof. Dr. Viktoria Däschlein-Gessner von der Ruhr-Universität Bochum. Dazu wird das RESOLV-Konsortium neueste Synthese-, Spektroskopie-, Mikroskopie- und Simulationsmethoden entwickeln.
Darüber hinaus nimmt das Team nun auch die Entwicklung von Lösungsmitteln für das Produktdesign in den Blick. So gelangen bisher mehr als 80 Prozent der kosten- und zeitaufwendig entwickelten pharmazeutischen Wirkstoffe niemals in die Produkt-Anwendung, da sie nicht ausreichend wasserlöslich sind und damit nicht bei Patienten zum Einsatz kommen können. Das möchte RESOLV in Zukunft ändern.
Um diese Aufgaben zu bewältigen, wird RESOLV neuartige experimentelle Infrastruktur aufbauen und modernste Experimente eng mit theoretischen Berechnungen und modernen Methoden der Künstlichen Intelligenz und Laborautomatisierung verzahnen. „Dadurch wollen wir das perfekte Lösungsmittel – jenseits von ‚Trial and Error‘ – finden, die Effizienz chemischer Reaktionen maximieren, neue Wirkstoffe für die Anwendung verfügbar machen und gleichzeitig den ökologischen Fußabdruck minimieren“, so RESOLV-Co-Sprecherin Prof. Dr. Gabriele Sadowski von der Technischen Universität Dortmund. Damit die Ergebnisse schneller in die Praxis überführt werden, plant das RESOLV-Team gemeinsam mit der Industrie den Aufbau eines neuartigen Transferlabors für eine durch Künstliche Intelligenz unterstützte Chemie.
RESOLV